Trendreport
Suchmaschinen Verwechslung
Google-Suche, Bing & Co.: Wie sich KI-gesteuerte Suchoptionen auf die Suchlandschaft auswirken
Im Dezember 2019 schlugen bei vielen Online-Agenturen plötzlich die Alarmglocken: Die monatlichen Zahlen ihrer Kunden brachen dramatisch ein. Google-Suchanfragen verzeichneten ein Minus von 30%, die Sichtbarkeit einiger Webseiten sank sogar um bis zu 50%. Zunächst machten sich die Betroffenen auf die Suche nach eigenen Fehlern und hinterfragten ihre SEO-Strategien. Doch die Ursache lag woanders: Microsoft hatte ein Update für den Edge-Browser ausgerollt und Bing heimlich, still und leise als Standardsuchmaschine eingestellt. Ebenfalls wurde Adobe bei der Anzeige von PDF-Dateien „entmachtet“, da Edge nun auch hier als Standardprogramm diente.
Fünf Jahre später hat sich dieses Kräfteverhältnis wieder weitgehend normalisiert.
Wer heute Edge öffnet, findet unter dem Microsoft-Logo erneut die Google-Suche als Option. Und die Zahlen geben das frühere Ungleichgewicht wieder: Bing hält konstant bei rund 5%, während Google nach wie vor mit etwa 90% Marktanteil die Suchlandschaft dominiert.
Allerdings ruht sich Google nicht auf seinem Erfolg aus – und kann es auch gar nicht. Denn moderne, KI-gestützte Suchoptionen stellen das bisherige Monopol der „klassischen“ Suchmaschinen stark in Frage. Dienste wie ChatGPT Search, Perplexity, TikTok, Instagram oder Reddit haben mittlerweile eigene Suchfunktionen, die immer häufiger genutzt werden und teils deutlich bessere und schnellere Antworten liefern, weil sie sich auf die direkte Interaktion und das Community-Wissen stützen.
Warum KI-Suche so attraktiv ist?
1. Personalisierte Antworten: KI-Systeme wie ChatGPT oder Perplexity reagieren nicht bloß mit einer Liste an Links, sondern können Zusammenfassungen liefern und auf spezifische Fragen eingehen. Nutzerinnen und Nutzer sparen Zeit und erhalten kontextbezogene Informationen.
2. Einfache Interaktion: Statt mehrere Suchbegriffe auszuprobieren und sich durch Websites zu klicken, können User bei KI-gestützten Lösungen oft direkt nachfassen und Rückfragen stellen. So entsteht ein Dialog, der die Informationsbeschaffung erleichtert.
3. Content von Social Media: TikTok, Instagram und Reddit haben riesige Nutzer-Communities. Sie bündeln Wissen und Erfahrungsberichte, die oft aktueller sind als klassische Webseiten. Wer nach Trends, Produkttests oder Tutorials sucht, bekommt dort häufig praktischen, persönlichen Input.
Herausforderungen für Google
Google hat sich jahrelang als Platzhirsch behauptet und war oft Vorreiter bei neuen Technologien. Jetzt jedoch muss sich der Konzern an neue Spielregeln anpassen. Die große Frage lautet: Wird Google selbst ein ChatGPT-ähnliches System integrieren und wie wird dies die Suche verändern? Erste Schritte sind bereits erkennbar: Google experimentiert mit KI (etwa in Google Workspace) und treibt eigene Projekte wie „Bard“ voran, um weiterhin Technologieführer zu bleiben.
Unser Ausblick
Die Erfahrung mit Microsoft Edge und Bing hat gezeigt, wie schnell sich Marktanteile verschieben können, wenn Browser-Einstellungen geändert werden oder neue Technik plötzlich zum Standard wird. Dennoch gelang es Google, seine marktbeherrschende Stellung zurückzuerlangen.
Der Druck kommt nun aus einer anderen Richtung: KI-gestützte Assistenten und Suchoptionen. Sie stellen das klassische Suchmaschinen-Modell infrage und bieten Usern einen Mehrwert, indem sie menschliche Interaktion und personalisierte Antworten ermöglichen. Google wird auf diese Herausforderung reagieren müssen – nicht zuletzt, weil sich immer mehr Menschen in sozialen Medien tummeln und dort ganz selbstverständlich nach Inhalten suchen.
Wie sich das Suchverhalten in den nächsten Jahren entwickelt, bleibt spannend. Eines ist jedoch sicher: Die digitale Suche ist im Wandel, und Unternehmen sollten ihre Strategien entsprechend anpassen – nicht nur auf Google optimieren, sondern auch andere Plattformen und KI-Lösungen in Betracht ziehen.